Vor einer Weile habe ich über die von
mir getesteten Systeme auf dem Raspberry Pi berichtet. Hier nun der
zweite Teil.
Fedora
Die beliebte Linux-Distribution Fedora
hat eine eigene Variante für den Raspberry Pi entwickelt: Pidora.
Diese funktioniert ähnlich wie das Raspbian Linux direkt
out-of-the-box. Einfach das Image von der Homepage herunter laden und
auf eine SD-Karte kopieren.
Im Gegensatz zum Raspbian Debian
kraucht das Pidora aber ganz schön auf der kleinen Himbeere. Es
kommt nämlich standardmäßig mit der XFCE4-Oberfläche. Diese steht
im Ruf „leightweight“ zu sein, aber das ist eher im Vergleich zu
GNOME oder KDE zu sehen, die noch größer sind. Ich fand die
Benutzung der grafischen Oberfläche unter Pidora ziemlich quälend
und kann daher nur davon abraten. Vor allem für Einsteiger eignet
sich das Raspbian deutlich besser, denn hier gibt es die Möglichkeit über das raspi-config-Skript einige sinnvolle Anpassungen am System vorzunehmen. Diese Möglichkeit gibt es unter Pidora leider nicht.
Fazit: Eigentlich gibt es keinen Grund
diese Distribution derzeit zu benutzen, es sei denn man will
unbedingt Fedora haben.
Plan 9
Plan 9 ist ein völlig eigenständiges
Betriebssystem, was seit den späten 80er Jahren
entwickelt wird. Es
gehört ebenfalls zu den unixoiden Systemen, ist aber eben kein
Linux. Meines Wissens wird es ohnehin nicht für den produktiven
Einsatz verwendet, sonder hauptsächlich als Forschungsplattform
im Bereich UNIX-Betriebssysteme. Auf jeden Fall gibt es einen stabil
laufenden Zweig, den man auf dem Raspberry Pi installieren kann.
Leider konnte ich keine sehr ausgiebigen Tests machen, denn Plan 9
startet direkt in eine grafische Oberfläche, die man nur per Maus
wirklich sinnvoll benutzbar ist. Leider hat das System meine Maus
nicht erkannt und somit waren die Möglichkeiten stark eingeschränkt.
Fazit: Nur für Entwickler und Fans von
Plan 9 zu empfehlen.
RiscOS
Auf RiscOS war ich sehr gespannt, denn
hierbei handelt es sich um ein speziell für ARM entwickeltes System,
was es auch nicht für die PC-Architektur gibt. Es kommt
standardmäßig mit einer eigenen grafischen Oberfläche namens ROX
daher, die sehr konsequent auf Drag & Drop setzt. Alle Dateien,
die man irgendwie verschieben, kopieren oder sogar öffnen will, muss
man per Drag & Drop an die entsprechende Stelle ziehen. Außerdem
wird eine 3-Tasten-Maus benötigt, da die mittlere Maustaste einige
wichtige Funktionen bereit stellt.
RiscOS mit OpenTTD |
In meinem relativ kurzen Test lief das
System sehr flüssig und schnell. Es gibt einiges an Software, was zu
RiscOS portiert wurde, wie der Firefox oder OpenTTD. Beides lief
allerdings quälend langsam. Das ist aber auch unter den
verschiedenen Linuxen so, wobei die Performance unter RiscOS
„gefühlt“ schlechter war. Durch die insgesamt aber eher geringe Softwaremenge und die zum Teil etwas ungewohnte Bedienung machen das System nicht unbedingt zu einem System für Einsteiger.
Fazit: Nur zu empfehlen, wenn man zum
Beispiel aus beruflichen Gründen RiscOS benötigt.
XBMC Media Center
XBMC ist streng genommen gar kein
Betriebssystem sondern eine Media Center Software, die noch einen
Betriebssystem-Unterbau benötigt. Im Grunde ist da jede
Linux-Distribution denkbar. Man könnte zum Beispiel Archlinux oder Debian nehmen
und XBMC darauf installieren.
Um das Leben aber ein wenig einfacher
zu machen gibt es bereits fertige Projekte. Das bekannteste Projekt
für den Raspberry Pi ist Raspbmc. Es basiert auf Debian Linux und
ist ehrlich gesagt Mist. Es ruckelt schon im Menü und es fehlen
einige Funktionen zur Anpassung der Oberfläche, die in anderen
Projekten vorhanden sind. Außerdem gibt es im Netz zahlreiche
Beschwerden, dass nach Updates gerne mal Funktionen defekt sind oder
das Gerät nicht mehr hoch fährt.
Die XBMC Oberfläche |
Ich empfehle daher ganz klar OpenELEC.
Es basiert ebenfalls auf XBMC und hat einen sehr schlanken
Linux-Unterbau. Das System wurde optimiert, um von Speicherkarten
oder SSDs gebootet zu werden und das merkt man. Es ruckelt nicht und
lässt sich sehr gut anpassen. Auch hier gibt es fertige Images, die
nur auf die Karte kopiert werden müssen. Damit macht das Multimedia
Center auch auf dem Raspberry Pi Spaß!
Fazit: Läuft gut, solange man die
Finger von Raspbmc lässt und OpenELEC benutzt.
NetBSD und Slackware
NetBSD und Slackware konnte ich leider
nicht testen. Mein Raspberry Pi ließ sich nicht überreden von
diesen Systemen zu booten. Das muss aber kein Fehler der Systeme
sein, es kann an meiner SD-Karte liegen. Grundsätzlich ist der
Raspberry Pi etwas wählerisch, wenn es um die Wahl der SD-Karte
geht. Hier findet man eine Liste der funktionierenden Karten.
Neben der Kompatibilität des Raspberry
Pis gibt es auch noch die Kompatibilität der Betriebssysteme. Auch hier kann es zu Inkompatibilitäten mit SD-Karten kommen. Da die
Unterstützung für den Raspberry Pi in der Regel nur inoffiziell
ist, kann es sein, dass es noch ein Weilchen dauert bis die
ARM-Architektur vollständig unterstützt wird und den gleichen
Entwicklungsstand wie die i386/amd64 Architektur erreicht. Wenn es
soweit ist, werde ich beiden Systemen erneut eine Chance geben.
Fazit: Konnte nicht getestet werden.
Gesamtfazit
Insgesamt war ich erstaunt wie gut das
Gerät doch inzwischen von den verschiedenen Systemen unterstützt
wird und in der Zukunft werden weitere Systeme hinzu kommen.
Natürlich ist das Gerät in erster Linie ein Spielzeug für Nerds
und Bastler aber es könnte einen interessanten Nebeneffekt geben:
Aufgrund der großen Verbreitung der kleinen Himbeere widmen sich die
großen Linux-Distributionen verstärkt der vorher eher
stiefmütterlich behandelten ARM-Architektur. Das lässt hoffen, dass
es in Zukunft endlich auch mal „normale“ PCs mit der
ARM-Technologie gibt, denn sie hat einige Vorteile gegenüber
i386/amd64, zum Beispiel ist sie Strom sparender. Außerdem scheinen
sich nun mehr Leute mit Linux zu beschäftigen, denn ein Windows gibt
es für die kleine Himbeere bisher nicht.