Das Nobelpreiskomitee hat heute bekannt gegeben den Friedensnobelpreis in diesem Jahr an dieEuropäische Union zu vergeben. Eine ungewöhnliche Wahl. Wie schon bei der Vergabe des Friedensnobelpreises an Barack Obama vor drei Jahren gab es sofort in diversen Blogs, Kommentaren, auf Twitter und Facebook wahre Entrüstungsstürme. Auf der anderen Seite feierten sich die Staatschefs und die EU-Beamten selber. Eine der Begründungen des Nobelpreiskomitees ist, dass die EU maßgeblich zum Frieden derletzten 60 Jahre in Europa beigetragen habe. Vermutlich steckt hinter der Vergabe des Preises ein wenig mehr.
Betrachtet man die Vergabe
der Friedensnobelpreise in den letzten Jahren etwas genauer wird
eines sehr schnell klar: Der Preis wird nicht wie bei einem
Wissenschaftsnobelpreis für ein Lebenswerk verteilt, sondern zur
Unterstützung einer aktuellen politischen Situation. Bei Barack
Obama wurde diese Haltung des Nobelpreiskomitees am deutlichsten,
hatte der frisch gebackene US-Amerikanische Präsident doch noch gar
keine Chance irgendwas zu bewirken. Das Nobelpreiskomitee drückt
damit indirekt eine politische Haltung aus. Es unterstützt diese
Person oder Institution. Auf der anderen Seite wächst auch der Druck
auf die Person/Institution, die in sie hoch gesteckten Erwartungen zu erfüllen.
Man kann das gut finden oder auch nicht. Ich finde das gut, denn man
kann Persönlichkeiten feiern, die irgendwann mal was für den
Frieden getan haben oder man kann Personen und Institutionen
bestärken ihren aktuellen Kampf für den Frieden weiter zu führen.
Beides hat seine Berechtigung.
Die EU ist nun ein
besonderer Fall. Vieles in der EU liegt im argen, vor allem im
wirtschaftlichen Bereich gibt es große Sorgen, wie jeder weiß. In
Südeuropa wird massiv demonstriert und die Stimmen einer Aufspaltung
Europas werden größer. Man kann dazu stehen wie man will, aber das
Nobelpreiskomitee hat heute mit der Verleihung seine Position zur
Frage „Europa, ja oder nein?“ ausgedrückt. Die Antwort lautet
klar: „Ja zu Europa!“ Und ich finde das Nobelpreiskomitee hat
recht. Wie viele wissen, befinde ich mich gerade auf einer
einjährigen Weltreise und bin gerade in Mexiko. Mein Blick auf
Europa ist also ein wenig anders als das der meisten anderen
Europäer. Ich kann nur sagen, dass ein grenzenloses Europa mit
einheitlicher Währung, freier Wohnungs- und Arbeitsortswahl eine
fantastische Sache ist. Man weiß das eigentlich erst richtig zu
schätzen, wenn man mal in andere Teile der Welt einreisen möchte.
Man darf die EU nicht ausschließlich als eine Wirtschaftsunion
begreifen, auch wenn da ihre Wurzeln liegen und man in Anbetracht der täglichen Nachrichten geneigt ist dies zu glauben. Die EU ist aber auch ein gesellschaftspolitisches Projekt und ein Projekt des Friedens und der Zusammenarbeit in Europa. Das wird gerne vergessen. Sie ist in Zeiten der
immer stärkeren Globalisierung der Welt ein Vorbild für viele
andere Regionen der Erde – trotz ihre massiven Probleme.
Es gibt
noch sehr, sehr viel zu tun in der EU, vor allem die geringe
Demokratisierung bedarf dringend einer Überarbeitung, das ist völlig
klar und kann auch nicht wegdiskutiert werden. Das Nobelpreiskomitee
hat heute aber deutlich gemacht, was sie von einer Aufspaltung der EU
hält: nämlich nichts – und das ist gut so.