Freitag, 12. Oktober 2012

Warum der Friedensnobelpreis für die EU gerechtfertigt ist


Das Nobelpreiskomitee hat heute bekannt gegeben den Friedensnobelpreis in diesem Jahr an dieEuropäische Union zu vergeben. Eine ungewöhnliche Wahl. Wie schon bei der Vergabe des Friedensnobelpreises an Barack Obama vor drei Jahren gab es sofort in diversen Blogs, Kommentaren, auf Twitter und Facebook wahre Entrüstungsstürme. Auf der anderen Seite feierten sich die Staatschefs und die EU-Beamten selber. Eine der Begründungen des Nobelpreiskomitees ist, dass die EU maßgeblich zum Frieden derletzten 60 Jahre in Europa beigetragen habe. Vermutlich steckt hinter der Vergabe des Preises ein wenig mehr.

Betrachtet man die Vergabe der Friedensnobelpreise in den letzten Jahren etwas genauer wird eines sehr schnell klar: Der Preis wird nicht wie bei einem Wissenschaftsnobelpreis für ein Lebenswerk verteilt, sondern zur Unterstützung einer aktuellen politischen Situation. Bei Barack Obama wurde diese Haltung des Nobelpreiskomitees am deutlichsten, hatte der frisch gebackene US-Amerikanische Präsident doch noch gar keine Chance irgendwas zu bewirken. Das Nobelpreiskomitee drückt damit indirekt eine politische Haltung aus. Es unterstützt diese Person oder Institution. Auf der anderen Seite wächst auch der Druck auf die Person/Institution, die in sie hoch gesteckten Erwartungen zu erfüllen. Man kann das gut finden oder auch nicht. Ich finde das gut, denn man kann Persönlichkeiten feiern, die irgendwann mal was für den Frieden getan haben oder man kann Personen und Institutionen bestärken ihren aktuellen Kampf für den Frieden weiter zu führen. Beides hat seine Berechtigung.

Die EU ist nun ein besonderer Fall. Vieles in der EU liegt im argen, vor allem im wirtschaftlichen Bereich gibt es große Sorgen, wie jeder weiß. In Südeuropa wird massiv demonstriert und die Stimmen einer Aufspaltung Europas werden größer. Man kann dazu stehen wie man will, aber das Nobelpreiskomitee hat heute mit der Verleihung seine Position zur Frage „Europa, ja oder nein?“ ausgedrückt. Die Antwort lautet klar: „Ja zu Europa!“ Und ich finde das Nobelpreiskomitee hat recht. Wie viele wissen, befinde ich mich gerade auf einer einjährigen Weltreise und bin gerade in Mexiko. Mein Blick auf Europa ist also ein wenig anders als das der meisten anderen Europäer. Ich kann nur sagen, dass ein grenzenloses Europa mit einheitlicher Währung, freier Wohnungs- und Arbeitsortswahl eine fantastische Sache ist. Man weiß das eigentlich erst richtig zu schätzen, wenn man mal in andere Teile der Welt einreisen möchte. 
Man darf die EU nicht ausschließlich als eine Wirtschaftsunion begreifen, auch wenn da ihre Wurzeln liegen und man in Anbetracht der täglichen Nachrichten geneigt ist dies zu glauben. Die EU ist aber auch ein gesellschaftspolitisches Projekt und ein Projekt des Friedens und der Zusammenarbeit in Europa. Das wird gerne vergessen. Sie ist in Zeiten der immer stärkeren Globalisierung der Welt ein Vorbild für viele andere Regionen der Erde – trotz ihre massiven Probleme. 
Es gibt noch sehr, sehr viel zu tun in der EU, vor allem die geringe Demokratisierung bedarf dringend einer Überarbeitung, das ist völlig klar und kann auch nicht wegdiskutiert werden. Das Nobelpreiskomitee hat heute aber deutlich gemacht, was sie von einer Aufspaltung der EU hält: nämlich nichts – und das ist gut so.

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