Donnerstag, 20. Juni 2013

Betriebssysteme für den Raspberry Pi - Teil 2


Vor einer Weile habe ich über die von mir getesteten Systeme auf dem Raspberry Pi berichtet. Hier nun der zweite Teil.



Fedora



Die beliebte Linux-Distribution Fedora hat eine eigene Variante für den Raspberry Pi entwickelt: Pidora. Diese funktioniert ähnlich wie das Raspbian Linux direkt out-of-the-box. Einfach das Image von der Homepage herunter laden und auf eine SD-Karte kopieren.

Im Gegensatz zum Raspbian Debian kraucht das Pidora aber ganz schön auf der kleinen Himbeere. Es kommt nämlich standardmäßig mit der XFCE4-Oberfläche. Diese steht im Ruf „leightweight“ zu sein, aber das ist eher im Vergleich zu GNOME oder KDE zu sehen, die noch größer sind. Ich fand die Benutzung der grafischen Oberfläche unter Pidora ziemlich quälend und kann daher nur davon abraten. Vor allem für Einsteiger eignet sich das Raspbian deutlich besser, denn hier gibt es die Möglichkeit über das raspi-config-Skript einige sinnvolle Anpassungen am System vorzunehmen. Diese Möglichkeit gibt es unter Pidora leider nicht.



Fazit: Eigentlich gibt es keinen Grund diese Distribution derzeit zu benutzen, es sei denn man will unbedingt Fedora haben.



Plan 9



Plan 9 ist ein völlig eigenständiges Betriebssystem, was seit den späten 80er Jahren
entwickelt wird. Es gehört ebenfalls zu den unixoiden Systemen, ist aber eben kein Linux. Meines Wissens wird es ohnehin nicht für den produktiven Einsatz verwendet, sonder hauptsächlich als Forschungsplattform im Bereich UNIX-Betriebssysteme. Auf jeden Fall gibt es einen stabil laufenden Zweig, den man auf dem Raspberry Pi installieren kann. Leider konnte ich keine sehr ausgiebigen Tests machen, denn Plan 9 startet direkt in eine grafische Oberfläche, die man nur per Maus wirklich sinnvoll benutzbar ist. Leider hat das System meine Maus nicht erkannt und somit waren die Möglichkeiten stark eingeschränkt.



Fazit: Nur für Entwickler und Fans von Plan 9 zu empfehlen.



RiscOS



Auf RiscOS war ich sehr gespannt, denn hierbei handelt es sich um ein speziell für ARM entwickeltes System, was es auch nicht für die PC-Architektur gibt. Es kommt standardmäßig mit einer eigenen grafischen Oberfläche namens ROX daher, die sehr konsequent auf Drag & Drop setzt. Alle Dateien, die man irgendwie verschieben, kopieren oder sogar öffnen will, muss man per Drag & Drop an die entsprechende Stelle ziehen. Außerdem wird eine 3-Tasten-Maus benötigt, da die mittlere Maustaste einige wichtige Funktionen bereit stellt.

RiscOS mit OpenTTD
In meinem relativ kurzen Test lief das System sehr flüssig und schnell. Es gibt einiges an Software, was zu RiscOS portiert wurde, wie der Firefox oder OpenTTD. Beides lief allerdings quälend langsam. Das ist aber auch unter den verschiedenen Linuxen so, wobei die Performance unter RiscOS „gefühlt“ schlechter war. Durch die insgesamt aber eher geringe Softwaremenge und die zum Teil etwas ungewohnte Bedienung machen das System nicht unbedingt zu einem System für Einsteiger.


Fazit: Nur zu empfehlen, wenn man zum Beispiel aus beruflichen Gründen RiscOS benötigt.



XBMC Media Center



XBMC ist streng genommen gar kein Betriebssystem sondern eine Media Center Software, die noch einen Betriebssystem-Unterbau benötigt. Im Grunde ist da jede Linux-Distribution denkbar. Man könnte zum Beispiel Archlinux oder Debian nehmen und XBMC darauf installieren.

Um das Leben aber ein wenig einfacher zu machen gibt es bereits fertige Projekte. Das bekannteste Projekt für den Raspberry Pi ist Raspbmc. Es basiert auf Debian Linux und ist ehrlich gesagt Mist. Es ruckelt schon im Menü und es fehlen einige Funktionen zur Anpassung der Oberfläche, die in anderen Projekten vorhanden sind. Außerdem gibt es im Netz zahlreiche Beschwerden, dass nach Updates gerne mal Funktionen defekt sind oder das Gerät nicht mehr hoch fährt.
Die XBMC Oberfläche

Ich empfehle daher ganz klar OpenELEC. Es basiert ebenfalls auf XBMC und hat einen sehr schlanken Linux-Unterbau. Das System wurde optimiert, um von Speicherkarten oder SSDs gebootet zu werden und das merkt man. Es ruckelt nicht und lässt sich sehr gut anpassen. Auch hier gibt es fertige Images, die nur auf die Karte kopiert werden müssen. Damit macht das Multimedia Center auch auf dem Raspberry Pi Spaß!







Fazit: Läuft gut, solange man die Finger von Raspbmc lässt und OpenELEC benutzt.



NetBSD und Slackware



NetBSD und Slackware konnte ich leider nicht testen. Mein Raspberry Pi ließ sich nicht überreden von diesen Systemen zu booten. Das muss aber kein Fehler der Systeme sein, es kann an meiner SD-Karte liegen. Grundsätzlich ist der Raspberry Pi etwas wählerisch, wenn es um die Wahl der SD-Karte geht. Hier findet man eine Liste der funktionierenden Karten.

Neben der Kompatibilität des Raspberry Pis gibt es auch noch die Kompatibilität der Betriebssysteme. Auch hier kann es zu Inkompatibilitäten mit SD-Karten kommen. Da die Unterstützung für den Raspberry Pi in der Regel nur inoffiziell ist, kann es sein, dass es noch ein Weilchen dauert bis die ARM-Architektur vollständig unterstützt wird und den gleichen Entwicklungsstand wie die i386/amd64 Architektur erreicht. Wenn es soweit ist, werde ich beiden Systemen erneut eine Chance geben.



Fazit: Konnte nicht getestet werden.



Gesamtfazit



Insgesamt war ich erstaunt wie gut das Gerät doch inzwischen von den verschiedenen Systemen unterstützt wird und in der Zukunft werden weitere Systeme hinzu kommen. Natürlich ist das Gerät in erster Linie ein Spielzeug für Nerds und Bastler aber es könnte einen interessanten Nebeneffekt geben: Aufgrund der großen Verbreitung der kleinen Himbeere widmen sich die großen Linux-Distributionen verstärkt der vorher eher stiefmütterlich behandelten ARM-Architektur. Das lässt hoffen, dass es in Zukunft endlich auch mal „normale“ PCs mit der ARM-Technologie gibt, denn sie hat einige Vorteile gegenüber i386/amd64, zum Beispiel ist sie Strom sparender. Außerdem scheinen sich nun mehr Leute mit Linux zu beschäftigen, denn ein Windows gibt es für die kleine Himbeere bisher nicht.

Dienstag, 4. Juni 2013

Linux Mint und die Updates

Vor ein paar Tagen ist die neue Version von Linux Mint heraus gekommen. Ich nutze diese Distribution aus eher praktischen Gründen auf dem Desktop, denn sie basiert auf Ubuntu. Ist ein Programm für Ubuntu verfügbar, so ist es automatisch auch für Linux Mint verfügbar. Linux Mint hat zudem zwei sehr interessante Desktops zur Auswahl: Mate und Cinnamon. Gerade Mate ist sehr interessant für ältere Rechner ohne 3D beschleunigte Grafikkarte.

System upgrade = Neuinstallation

Eines ist allerdings echt ätzend an Linux Mint: Das Update-Konzept. Anders als bei anderen Distributionen, wo man mit einem Befehl das gesamte System und die komplette Software auf den neusten Stand bringen kann, funktioniert das bei Linux Mint nicht oder nur sehr schlecht. Die empfohlene Methode ist alle Daten und die Softwaresammlung sichern (über das hauseigene Sicherungstool) und dann mit Hilfe der Installations-CD das System zu "aktualisieren". Technisch betrachtet wird aber das alte System gelöscht und danach komplett neu installiert. Anschließend werden die Daten zurück gespielt. Dazu kommt, dass die Anleitung an einigen Stellen veraltet ist. 
Das Beste aber ist, dass das ganze noch nicht einmal zuverlässig funktioniert. Auf meinem Laptop, wo ich das ganze mal testweise durchgeführt habe, wurde das Upgrade zwar durchgeführt, aber das Ergebnis ist wenig zufriedenstellend. Die Grafiken wurden offensichtlich nicht korrekt aktualisiert. Das ganze erinnert ein wenig an Windows 98. Dazu kommt, dass die Sicherung der Daten extrem lange dauert, denn es wird pro Datei auch noch eine Prüfsumme angelegt. Das ist zwar eine nette Sache, denn es dient der Datensicherheit, aber bei über 400 GB und fast 100.000 Dateien dauert es mal eben 5 Stunden das Ganze zu sichern. Wenn ich die Sicherung "von Hand" über die Konsole mache, dauert es nur etwa 1,5 Stunden - aber eben ohne Prüfsummen.

Letzte Chance

Ich werde mir jetzt noch einmal die Mühe machen die aktuelle Version von Linux Mint auf meinem Rechner zu installieren. Ende des Jahres kommt die nächste Version raus. Sollte es bis dahin nicht möglich sein Linux Mint ordentlich einem Upgrade zu unterziehen, fliegt es endgültig runter. Zu Gunsten eines Rolling-Release-Systems - und das wird dann wohl Archlinux sein. Das hat zwar wieder andere Nachteile, aber irgendwas ist ja immer.

Montag, 3. Juni 2013

Betriebssysteme für den Raspberry Pi

Bootbildschirm des Raspberry Pi
Wie ich vor kurzem bereits berichtet habe, steht bei mir seit einigen Tagen ein Raspberry Pi. Ganz genau steht bei mir das Modell B mit 2 USB-Anschlüssen, Netzwerk und 512 MB RAM.

Wer nicht weiß, was ein Raspberry Pi ist, dem sei vereinfacht erklärt, dass es sich dabei um einen Minicomputer in der Größe einer Scheckkarte handelt, der technisch gesehen weniger dem heimischen PC als vielmehr einem TabletPC oder einem Smartphone gleicht - wohlgemerkt TECHNISCH betrachtet. Optisch betrachtet ist es eine Platine mit ein paar Mikrochips drauf. Der Prozessor gehört zur Familie der ARM-Prozessoren, die auch in den meisten Smartphones und TabletPCs verbaut sind. Daher ist es beispielsweise nicht möglich Windows auf dem Raspberry Pi zu installieren.

Berichte über den Raspberry Pi gibt es viele. Die meisten beschränken sich allerdings auf irgendwelche Projekte mit dem offiziellen und empfohlenen Betriebssystem - dem "Raspian Linux" - realisiert wurden. Das Raspian basiert auf dem aktuellen Debian Linux "Wheezy" und enthält einige spezielle Anpassungen für den Raspberry Pi. 
Der Raspberry Pi


Da ich mich aber schon immer für verschiedene Betriebssysteme interessiert habe, habe ich zunächst getestet, welche Systeme eigentlich den Raspberry Pi unterstützen. Im Grunde kommen alle größeren Linux-Distributionen in Frage - außer Ubuntu. Ubuntu plant keinerlei Unterstützung für den Raspberry Pi. Ich bin noch nicht ganz fertig mit meinen ganzen Tests, aber hier schon einmal die ersten Ergebnisse:

Raspian/Debian

Das "offizielle" Linux für den Raspberry Pi heißt Raspbian und macht einen sehr guten Eindruck. Es gibt fertige Images, die man nur auf eine SD-Karte klatschen muss und es ist im Prinzip ein komplettes Debian. Der Unterschied besteht nur in ein paar kleinen Anpassungen, damit das System auf dem Raspberry ein wenig performanter läuft. Sehr nett ist das Skript raspi-config, mit dem man viele Systemeinstellungen sehr einfach und ohne große Linuxkenntnisse vornehmen kann. Ansonsten lässt es sich bedienen wie ein normales Debian. Es ist auch bereits eine grafische Oberfläche installiert, die man auch automatisch beim Boot starten lassen kann. Als Desktop kommt LXDE zum Einsatz. Das funktioniert auch ganz gut, aber spätestens wenn man versucht zu surfen oder ein Video zu gucken merkt man: der Raspberry Pi ist dafür eigentlich wenig geeignet. Man kann den Raspberry auch kontrolliert übertakten (ohne die Garantie zu verlieren!), aber das habe ich bisher noch nicht getestet. Nachteil ist auch, dass sich die Lebensdauer des Prozessor massiv verkürzen dürfte. 

Fazit: Gut für Linux-Einsteiger und für Leute, die den Raspberry Pi benutzen wollen ohne sich viel mit dem System zu beschäftigen.



LXDE auf Raspbian Debian


Gentoo

Aufgrund der Performanceprobleme bietet sich ein Test mit Gentoo Linux an. Gentoo unterstützt nativ diverse ARM-Prozessoren - unter anderem auch den auf dem Raspberry Pi. Gentoo ist eine Distribution, bei der alle Pakete selbst kompiliert werden und somit perfekt an die Hardware angepasst werden können. Der Vorteil macht sich in der Performance bemerkbar. Die Nachteile sind neben einer sehr hohen Komplexität in der Administration auch noch die Länge der Kompiliervorgänge. Es kann hier mehrere Tage dauern, bis das System steht. 
Ich habe testweise direkt auf dem Raspberry Pi kompiliert, was dann doch eine gewisse Quälerei darstellt. Es gibt auch die Möglichkeit die Pakete zu cross compilen, also auf einem deutlichen leistungsstärkeren Rechner zu produzieren und dann zu übertragen oder den Kompiliervorgang per distcc auf einem oder mehreren anderen Rechnern zu verteilen. Aber egal, wie man es macht, es ist ein wildes Gebastel. Ich habe schnell die Finger davon gelassen, werde aber aus Neugierde sicherlich mal wieder darauf zurück kommen.

Fazit: Nur für Gentoo-Fans und/oder Bastler geeignet.

Archlinux

Archlinux ist wie Gentoo ein Rolling-Release-System, das heißt es gibt keine festen Releases sondern man hat nach einem Update einfach immer das neuste System. Ganz simpel. Auch Archlinux unterstützt den Raspberry Pi direkt und es sind keine speziellen Anpassungen nötig. Im Gegensatz zu Gentoo arbeitet Archlinux aber mit Binärpaketen und man muss nichts kompilieren. Im Gegensatz zu Debian oder gar Raspbian gibt es bei einer frischen Installation aber keinerlei Einstellungen. Das System ist praktisch nackt. Das hat den Nachteil, dass man alles von Grund auf einrichten muss, hat aber den sehr angenehmen Vorteil, dass man nur das installieren muss, was man auch wirklich benötigt. Es gibt keine vorinstallierten Ressourcen fressenden Dienste im Hintergrund, die man gar nicht benötigt. Daher ist Archlinux mein bisheriger Topfavorit auf dem Raspberry Pi. Es ist schnell und auch sehr modern. Der Nachteil ist ganz klar die Komplexität. Archlinux ist alles andere als eine Einsteigerdistribution und sie verändert sich ständig. Aber gerade wer Performance benötigt, sollte sich mit Archlinux beschäftigen.

Fazit: Für mich das bisher beste Linux für den Raspberry Pi, da schnell und aktuell.

FreeBSD

FreeBSD ist mein offizielles Lieblingssystem! Ich habe es jahrelang auf dem Desktop verwendet und bin nur etwas widerwillig auf Linux umgestiegen, weil FreeBSD im Desktop leider einige Schwächen aufweist, als Serverbetriebssystem ist es aber fantastisch.
FreeBSD verfolgt einen ähnlichen Ansatz wie Gentoo, ist dabei aber etwas weniger komplex. Auch hier wird viel kompiliert, allerdings gibt es auch eine einfache Möglichkeit vorkompilierte Pakete zu installieren. 
Der Raspberry Pi wird derzeit noch nicht vollständig von FreeBSD unterstützt. Lediglich FreeBSD 10, was sich derzeit noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet, unterstützt das Gerät. Die Entwickler haben sich aber zum Ziel gemacht den Raspberry Pi vollständig zu unterstützen. Das wäre toll, denn dann könnte man so verrückte Sachen wie jails oder ZFS auf dem Raspberry nutzen. Ich bin jedenfalls gespannt!

Fazit: Ist bereits benutzbar aber noch in einem frühen Entwicklungsstadium.

Was werde ich noch testen?

Es gibt noch einiges zu testen. Auf meiner Liste stehen von den Linuxen noch Fedora und Slackware. Des weiteren werde ich mir mal den Port von NetBSD anschauen und Plan9 soll auch eine Raspberry Unterstützung bieten. Zu guter letzt werde ich mal einen Blick auf einen Dinosaurier der Betriebssysteme werfen, nämlich auf RiscOS
Außerdem werde ich die Multimediafähigkeiten des Gerätes mal näher unter die Lupe nehmen. Es scheint ja ein gewisser Hype zu sein aus dem Gerät ein Multimediacenter mit Xbmc zu machen. Einige Blog- und Foreneinträge lassen aber schon darauf schließen, dass das weniger gut funktioniert als erhofft. Ich halte euch auf dem Laufenden!